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Die Wahrheit über die angebliche Abzockerei

Erschienen am: Mi, 20.10.2010

Allmählich bringen sich sowohl Befürworter als auch Gegner der Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes - über welche das Schweizer Volk bis zum 26. September 2010 zu befinden hat - in Position. Warum eigentlich eine Revision? Auch die Arbeitslosenversicherung (ALV) ist finanziell aus dem Gleichgewicht geraten. Weil die Ausgaben seit Jahren die Einnahmen übersteigen, häuften sich die Schulden auf mittlerweile rund 7 Milliarden (nicht Millionen) Franken an. Mit der Gesetzesrevision wollen Bundesrat und Parlament die Schulden abbauen und die ALV finanziell stabilisieren.

Bis die Schulden abgebaut sind, wird - wie schon von 1996 bis 2003 - von allen Besserverdienenden ein Solidaritätsbeitrag von 1 % auf dem Teil des Lohns zwischen 126 000 und 315 000 Franken erhoben. Die Besserverdienenden leisten damit einen happigen Sonderbeitrag an die ALV, ohne dass sie bei Erwerbslosigkeit davon profitieren würden, zumal sie trotz entrichteter Mehrprämie keine Erhöhung der Versicherungsleistung beanspruchen können. Und wiederum werden diese Sonderbeiträge leistenden Gentlemen von linken Gruppierungen als Abzocker gebrandmarkt. Von Dankbarkeit keine Spur. Dabei sollten insbesondere unterdurchschnittlich Betuchte die generösen Leistungserbringer zu schätzen wissen!

An dieser Stelle ist ein Blick auf die Entwicklung unserer Sozialversicherungen angebracht. Seit 1948 erhöhte sich die Soziallastquote - dies ist der Quotient aus Sozialversicherungseinnahmen und BIP und ist ein Indikator für die relative Belastung der Volkswirtschaft durch Aufwendungen für die Sozialversicherungen - von unter 10 % auf nahezu 30 %. Und trotz dieser Fakten palavern Linke unentwegt von Sozialabbau und Abzockerei? Völlig deplaziert! Allein die Beitragssätze zur ALV wurden seit der Einführung 1977 rund verdreifacht; die jährlichen Gesamteinnahmen stiegen um fast das 15fache von gut 0,4 Milliarden auf fast 6 Milliarden Franken. Gleichzeitig haben sich aber die Gesamtausgaben gar um den Faktor 50 ins Bodenlose katapultiert. Wer hier von Leistungsabbau auf dem Buckel der Schwächsten spricht, verschliesst sich entweder der Realität, lebt gerne auf Kosten anderer, hat einen zu bescheidenen Horizont oder verkennt sichtlich die alltägliche Voraussetzung, dass nun mal Einnahmen und Ausgaben in einem ausgewogenen Verhältnis stehen müssen. Es ist Zeit, die Soziallastquote von mittlerweile gegen 30 % nicht weiter ins Uferlose zu hieven.

Ein Ja zur ALV-Vorlage erhöht diese Quote zwar nochmals, aber primär auf dem Buckel mittlerer und hoher Einkommen. Ein Nein würde die Soziallastquote weit mehr anheizen und die Problemlösung auf die lange Bank schieben. Noch nie konnte ein bodenloses Fass gefüllt werden, indem einfach mehr hineingeschüttet wurde. Es ist an der Zeit, dass alle an einem Strick ziehen und ihren persönlichen Beitrag zur Genesung der wichtigen Arbeitslosenversicherung leisten.

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