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Zick-zack vom Feinsten

Erschienen am: Di, 01.05.2012

 

„Wir brauchen in der Schweiz eine Art Green-Card oder Punktesystem", liess sich CVP-Präsident Christophe Darbellay kürzlich in den Medien zitieren und kündigt persönlich entsprechende Vorstösse an. Dumm nur, dass seine Fraktion diesen Vorstoss im Parlament vor wenigen Wochen mit 28 zu 0 Stimmen und im vergangenen September ebenso einstimmig eine weitere Motion für ein Punktesystem ablehnte. Auf einer ähnlichen Glaubwürdigkeitsstufe befindet sich BDP-Präsident Hans Grunder, wenn er die vom Bundesrat kürzlich präsentierte Energiestrategie als „gefährlichen Schnellschuss" taxiert. Wer hat sich vor nicht einmal einem Jahr als Ausstiegspartei profiliert, der es nicht schnell genug gehen konnte?

„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern", ist ein häufig gebrauchtes Bonmot im politischen Umfeld. Es passt nur zu gut auf den aktuellen politischen Diskurs in der Schweiz. Um zu gefallen, wechselt man die Meinung je nach Opportunität und Publikum. Der Bundesrat ist davor im Zusammenhang mit dem Bankkundengeheimnis ebenso wenig gefeit, wie gewisse Parteien in der aktuellen ausländer- oder energiepolitischen Debatte. „Unsere Migrationspolitik muss auf Schweizer Interessen ausgerichtet werden. Schweizer Firmen sollen primär in der Schweiz rekrutieren, erst dann in der EU. Wir brauchen in der Schweiz eine Art Green-Card oder Punktesystem, das an berufliche und personelle Kriterien gebunden ist." Was eine Kurzzusammenfassung der SVP-Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung" sein könnte, stammt vor wenigen Tagen aus dem Mund von CVP-Präsident Darbellay. Noch im vergangenen Oktober polterte Darbellay, dass ein Bundesratskandidat der SVP nur wählbar sei, wenn er sich „sehr klar vom Text der SVP-Initiative distanziere". Dies ist eine Doppelzüngigkeit in Reinkultur. Gleiches geschieht jeden Tag, wenn es etwa um die Asylpolitik geht, um die Wirtschaftspolitik oder um die Energiepolitik.

Jene Parteien, welche im vergangenen Jahr in einer Hauruck-Übung den Ausstieg aus der Kernenergie durchboxten, dürfen nun in den Gazetten die Umsetzungsvorschläge des Bundesrates attackieren. Eigentlich wäre es an ihnen, einen gangbaren Weg für die Energiezukunft aufzuzeigen. Eingefordert wird dies indes von niemandem. Vielmehr stehen jene Parteien, die zunehmend ohne politischen Kompass agieren, als lösungsorientierte Kräfte da. Sie kommen damit durch, weil ihnen kaum mehr jemand den Spiegel vorhält. Im Gegenzug las man kürzlich zur bundesrätlichen Energiepolitik einzelne Kommentare, die sich mit der Beurteilung, welche die SVP bereits vor einem Jahr vornahm, weitgehend decken. Dies könnte stille Genugtuung für die SVP auslösen. Tut es aber nicht, denn bei Wahlen schwingen Exponenten doppelzüngiger zick-zack-Parteien oben auf.

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