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Es folgt die Volksabstimmung zu Spitalbauvorlagen

Erschienen am: Mi, 18.06.2014

An der Kantonsratssession vom 2. bis 4. Juni 2014 durfte ich meinen Einstand feiern. Nach erfolgreicher Vereidigung standen diverse Wahl- und Sachgeschäfte an. Mit grosser Spannung wurde die Schlussabstimmung zu den Bauvorlagen über einen ersten Spitalplanungsentscheid erwartet.

Ein Überblick: Im vergangenen Jahr liess die Industrie- und Handelskammer St. Gallen-Appenzell (IHK) auf Wunsch von wirtschaftsnahen Kantonsräten einen Bericht zur kantonalen Spitallandschaft erstellen. Dieser soll eine Zweitmeinung zur Strategie der Regierung verschaffen und als Beitrag zu einer echten politischen Diskussion dienen, denn Entscheide über ein Generationen- bzw. Jahrhundertprojekt mit Investitionen in Milliardenhöhe sollen öffentlich diskutiert und breit abgestützt sein. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Studie zeigten sich die bürgerlichen Parteien überzeugt, dass die Spitalstrategie der Regierung den geänderten Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen zu wenig entspreche und zu starr an den überalterten Strukturen festhalte. Auch Ärzteschaft und Patientenschützer äusserten sich positiv zur IHK-Studie und forderten eine Anpassung der bisherigen Spitallandschaft. Was den Spitalstandort Rheintal-Werdenberg anbelangt, sieht die IHK-Studie einen modernen, zeitgemässen Neubau vor. Die bisherigen Spitäler Altstätten und Grabs sollen gleichwohl nicht ganz aufgegeben, sondern in regionale Gesundheitszentren mit durchgehend besetzten Notfallstationen umfunktioniert werden. Die IHK-Studie fand insbesondere unter den bürgerlichen Parteien breite Zustimmung, denn die Nachteile der aktuellen Standorte Altstätten und Grabs liegen auf der Hand: Nur rund 38 % aller Rheintaler Patienten lassen sich an diesen beiden Standorten behandeln; fast zwei Drittel der Patienten weichen also auf andere Spitäler aus. Wer würde heute ein Spital in Wohnzonen bauen, noch dazu schlecht erreichbar? Gar der Landerwerb für die geplanten Anbauten ist ungewiss und wird wohl in einem Rechtsstreit mit Enteignung enden.

Doch eine staatliche PR-Kampagne (eine private PR-Agentur erhielt ein mit einer viertel Million Franken dotiertes Budget zur kommunikativen Begleitung der Regierungsvorlage) hat sein Ziel vorderhand nicht verfehlt: Zahlreiche Kantonsräte änderten ihre Marschrichtung um 180 Grad. Plötzlich verstummten die kritischen Mitarbeiter der kantonalen Spitäler wie auch die Experten für Gesundheitsökonomie an unseren Hochschulden. Markant sind auch die zahlreichen Rückmeldungen aus dem kantonalen Gesundheitswesen: Man dankte der IHK für den Einsatz, befürwortete die von der IHK vorgeschlagene Stossrichtung und betonte gleichzeitig, dass man sich mit Blick auf die eigene berufliche Position nicht öffentlich äussern könne.

Die Entscheide der zweiten kantonsrätlichen Lesung zu den Bauvorlagen über die Spitalplanung sind nun getroffen, wenngleich das erforderliche qualifizierte Mehr für die Weiterführung der mehr als hundertjährigen Strukturen teilweise nur knapp erreicht wurde. Es ist nun am St. Galler Stimmvolk, in der Abstimmung im Herbst 2014 die grosse und vermutlich einmalige Chance zu nutzen, die Spitalplanung unseres Kantons auf die Zukunft und nicht auf Strukturen aus dem 19. Jahrhundert auszurichten. Mit einem Nein zu den Investitionen in die Vergangenheit - d.h. einem Nein zu den Ausbauten der Spitäler Altstätten und Grabs - wäre der Weg frei für den Neubau eines zeitgemässen, modernen "Schwerpunktspitals Rheintal-Werdenberg" mit Investitionen in die Zukunft.

Übrigens: Noch nicht spruchreif ist der Spitalstandort Wil, d.h. das Spital Wil (wie auch andere Spitäler) blieb in diesem Generationen-/Jahrhundertprojekt unberücksichtigt. Ein weiteres Hunderte-Millionen-Projekt wird also folgen und letztlich dürften sich die Kosten für den Umbau und die Erweiterung aller kantonalen Spitäler auf annähernd zwei Milliarden Franken belaufen. Ein Grund mehr, sich über die anstehenden Entscheide vertieft Gedanken zu machen. Schliesslich ist zu entscheiden, ob Spitalstandorte mit Strukturen aus dem vorletzten Jahrhundert aufwendig und kompliziert - mit Provisorien und letztlichen Rückbauten der Provisorien - umgebaut werden sollen oder ob zeitgemässe, moderne Lösungen realisiert werden sollen.

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